Sozialer Ausgleich, Eigenverantwortung und Krise – ein Haushalt in schwierigen Zeiten

Hans-Jürgen Streich FDP Kreis Steinfurt
Hans-Jürgen Streich / FDP
Adventszeit ist die Zeit für Wünsche und Wunschzettel

Und wir haben jetzt die Bescherung und sollen – je nach Lesart und persönlichem Gusto die Rolle des Christkinds, des Weihnachtsmannes oder von Knecht Ruprecht übernehmen.

Also: schauen wir mal auf die Wünsche:

Wie immer sind auch die üblichen Bekannten dabei:

  •  Ausbau des Stellenkegels
  •  Mehr Wohnungsbau für günstigeren Mieten
  •  Ausbau des Umweltschutzes und Rücksichtnahme auf die Artenvielfalt. WenigerKalkabbau im Teutoburger Wald,
  •  mehr Windkraft, weniger Umgehungsstraßenbau höhere Umweltstandards.
  •  Mehr Umverteilung, mehr Geld zur Unterstützung von Menschen mit geringem Einkommen, mehr Mittel für die Unterstützung der Tafeln
  •  mehr Sparwillen,
  •  mehr digitale Dividende,
  •  effizientere Arbeitsaufteilung mit Desk-sharing und mehr Homeoffice mehr Mut zur mplementierung von KI-Mitteln

 

Wir denken, alle diese Wünsche sind wichtig, alle haben ihre Berechtigung, sind es wert bedacht und abgewogen zu werden. Aber wie soll gewichtet und bearbeitet werden? Auchdazu wird es von Fraktion zu Fraktion zu Gruppe unterschiedliche Auffassungen geben.

Unser Vorschlag ist, das diejenigen entscheiden zu lassen, die an der Akutsituation am nächsten sind. Das sind die Beschäftigten in der Kreisverwaltung.

Unser Vorschlag ist seit Jahren gleich und er lautet auch dieses Mal wieder: Als Politik sindwir zuständig für die Rahmensetzung. Für die Ausfüllung dieses Rahmens muss dieVerwaltung sorgen.

Im letzten Jahr blickte unserer Fraktion bei angespannter Lage durch die Coronapandemie optimistisch in die Zukunft. Wie sich doch die Lage in kurzer Zeit geändert hat: Der heutige Tag zeigt, dass die Glaskugel als Ratgeber ein schwieriges Instrument ist.

Welche Auswirkungen befürchten die Städte und Gemeinden ?

Die Bürgermeister unserer kommunalen Familie haben deutlich gemacht, dass dieser Entwurf ganz und gar nicht ihre Zustimmung findet. Ablehnung auf breiter Front. Der Kämmerer der Stadt Rheine hat sogar einen Brandbrief an seine Ratsmitglieder verschickt.

Aber die Kämmerer und Bürgermeister versäumen in Ihren Kommentaren, die Finger in konkrete Wunden zu legen. Eine exakte Konsolidierungsliste wäre zielführender und ist für die Zukunft wünschenswert.

Wie können wir gemeinsam als Kreispolitik steuern?

Noch einmal die konkreten Zahlen vorzutragen, erspare ich Ihnen; die kennen alle hier im Saal so gut wie ich. Wir kennen aber eben nicht jede Verwaltungsstruktur und jeden Verwaltungsprozess bis ins letzte Detail. Wir wissen auch nicht, wo die kleinsten Stellschrauben sitzen, um nachzujustieren. Das kann die Kreisverwaltung viel besser. Das trauen wir dem Landrat, den Dezernenten, Amtsleitern und ihren Mitarbeitern zu. Das können sie besser und nachhaltiger als wir.

Unsere Aufgabe als Politik sehen wir auf einer anderen Ebene. Aufgabe der Politik ist die Gestaltung und Schwerpunktsetzung, Wo gilt weiterhin der „Platinstandard“, oder wo tut es vielleicht auch der „Bronzestandard“.

Eine solche Rollenaufteilung erfordert ein neuartiges Zusammenspiel von Verwaltung und Politik, ist aber nach unserer Überzeugung nahhaltiger und zielführender.

Was also will die FDP Fraktion?

In diesem Jahr machen wir nach unseren Vorstellungen letztmalig eine Einzeldiskussion für Leistungen und Produkte. Ab dem nächsten Jahr streben wir eine politische Übereinkunft aller Fraktionen und Gruppen an, die den Rahmen für Personal- und Mittelsteigerungen festlegen soll.

Für dieses Jahr stellen wir fest, dass der vorgelegte Haushalt gar nicht so überzogen ist, wie es zunächst den Anschein hatte. Allein Inflation, Energiekostensteigerung und Personalkosten machen nach unserer Einschätzung einen Zuwachs von ca. 10% Haushaltvolumen erforderlich, ohne dass auch nur ein Euro an Mehreinnahmen daraus generiert werden kann. Die Übernahme der Kosten für Unterkunft für Schutzsuchende aus der Ukraine, die Mehrbelastung aus zusätzlich steigenden Sozialstandards in den Bereichen des SGB II und des SGB XII und der Jugendhilfe führen zu weiteren unausweichlichen Mehrausgaben, die sich in der steigenden LWL-Umlage wiederfinden. Die notwendigen Maßnahmen für Umweltschutzentwicklung und Ausbau der regenerativen Energien kommen ebenso hinzu, wie die Kosten für die Gefahrenabwehr und den Bevölkerungsschutz.

Und im investiven Bereich kommen die Kosten für die Schulsanierungen und den Ausbau unserer Infrastruktur im Wirtschaftsbereich und im Bevölkerungsschutz auf uns zu. Dabei unterstützen wir gerade die Investitionen in Bildung und Bildungsstätten wie die Förderschulen und die Berufskollegs, in Förderung der Ausbildung im Handwerk und in Verkehrswege. Auf letztere sind wir für die Wirtschaft angewiesen und wie wichtig sie für die Region sind, hat in diesem Jahr das vorgelegte Wirtschaftlichkeitsgutachten zum FMO gezeigt, dass uns in unserer langjährigen positiven Einschätzung der Wichtigkeit des Flughafens ja ausdrücklich bestätigt hat.

Die zukünftige Gestaltung der Personalpolitik ist ebenfalls herausfordernd. In den nächsten 10 Jahren werden altersbedingt etliche Mitarbeitende der Kreisverwaltung nach einem langen Berufsleben in den verdienten Ruhestand wechseln. Für diese bewährten Kräfte muss Ersatz gefunden werden. Dies ist in Anbetracht des Arbeitskräftemangels und des vielschichtigen Wettbewerbs aller Arbeitsgeber um diese Menschen herausfordernd. Nicht alle Stellen werden besetzt werden können. Also müssen einfach neue Konzepte gefunden werden. Hierzu gibt es nach unserer Auffassung aus der derzeitigen Sicht nur wenige realistische Ansätze: Dazu
gehören eben eine schnellere Umsetzung der Digitalisierungskonzepte, Überlegungen über die Chancen und Möglichkeiten künstlicher Intelligenz zur Vereinfachung von Verfahren, flexiblere Arbeitsplatzausnutzung und mehr Möglichkeiten zu dezentraler Arbeit wie dem Home-Office. Dazu muss aber auch auf Seiten der Mitarbeitenden die Bereitschaft proaktiv geweckt werden, auf das eigen Büro zu verzichten und es gibt keinen Platz mehr für die Raumbeschaffung auf Vorrat, wie sie jetzt beim Gesundheitsamt Rheine mit 150 überflüssigenQuadratmetern geplant wird.

Es gilt mehr denn je: Es muss gespart werden, wir können nicht nur immer mehr Geld von den Bürgern im Kreis einfordern, denn die Decke der finanziellen Möglichkeiten ist inzwischen auch bei Ihnen sehr kurz. Wir werden die Standards überprüfen müssen. Die zentrale Frage dabei lautet: Ist Deutschland das Sozialamt dieser Welt und inwiefern ist der Kreis Steinfurt Teil dieses Welt-Sozialamtes? Die Umverteilung der Gelder über diese Stellschraube ist inzwischen zu einer bedrohlichen Mittelumverteilung geworden. Sie führt zu einer Belastung der Wirtschaftskraft vieler Haushalte. Und vor dem Hintergrund der Belastungen aus den Rückzahlungen der Isolationsbeträge aus der Corona-Pandemie und dem Ukrainekrieg ab 2026 droht unmittelbar der Kollaps der kommunalen Finanzen im Kreis. Dies lässt sich zunehmend schwerer mit unserer politischen Grundhaltung der Eigenverantwortlichkeit des Einzelnen für sein Leben in Einklang bringen und wird von dieser Fraktion auch zunehmend kritisch gesehen. Dieses Thema werden wir angehen.

Unser Fazit

Jetzt ist nicht die Zeit für ungebremste Ausgabensteigerungen, jetzt ist die Zeit, sorgfältiger, nachdenklicher und sparsamer mit den vorhandenen Mitteln umzugehen.

Zusammenfassend bleibt aufgrund unserer Überlegungen die Forderung an diesen Kreistag, dem Haushalt dann zuzustimmen, wenn das Haushaltsvolumen noch einmal reduziert wird.

Auch bei den Personalanforderungen wollen wir eine Reduktion des Anstiegs. 13,5 neue Stellen sollten reichen. Unsere Vorschläge dazu haben wir gemacht, für weitere Vorschläge sind wir offen.

meine Damen und Herren:

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, für Ihre kollegiale Zusammenarbeit im abgelaufenen Sitzungsjahr. Ihnen und Ihren Familien schöne, feierliche und besinnliche Weihnachtstage, eine rauschende Silvesterparty und einen guten Start ins neue Jahr.

Für die FDP-Fraktion möchte ich mich bedanken bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung, bei den Amtsleitern und der Spitze des Konzerns für die geleistete Arbeit. Diese Arbeit ist immer geprägt vom Einsatz und vom Wohlergehen für die Bürger und vom Nutzen für den Kreis. Ihr Einsatz für den Kreis geht oft über die festgesetzten Arbeitszeiten hinaus und stellt häufig genug private Interessen hintenan. Dies kann nicht genug geschätzt werden und dafür gebührt Ihnen unser Dank.

Nochmals Danke für Ihre Arbeit.